Höhenflüge rund um Ikone

Beim heurigen Blue Bird Festival gibt es – als zwei zu erwartende magische Momente – eine Hommage an Joni Mitchell und das bezaubernde Debüt eines Belgiers.

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8. November 2025

Logo des traditionsreichen Festivals, das heuer zum 21. Mal stattfindet

November ist in Wien Blue-Bird-Zeit, das geht gar nicht anders. Auch wenn es bis zu dem dreitägigen Festival, das heuer vom 20. bis 22. 11. wie stets im Porgy & Bess stattfinden wird, noch ein wenig dauert, so spürt man doch schon den feinen Luftzug, der durch die Schwingen des blauen Vogels vorweg ausgelöst wird. Jede Bekanntgabe & (Vorab-)Veröffentlichung von Teilnehmern lässt ein Flattern verspüren – kurzum: es ist höchste Zeit für einen Hinweis auf das stimmungsvollste Musikfestival im Herbst.

Nachdem wir uns auf dieser Plattform im vergangenen Jahr, zum 20-jährigen Jubiläum, ausführlich (und in alphabetischer Reihenfolge) mit den speziellen Aspekten des Festivals beschäftigt haben (siehe „Buchstäbliche Melancholie“), greifen wir heuer zwei Acts heraus, die beide vielleicht nicht auf den ersten Blick zu den Höhepunkten zählen, in unserer Erwartung aber zu solchen werden könnten, ja eigentlich müssten.

Belgier mit Klasse und Stil

Das ist zum einen der Belgier Jelle Denturck, der mit seinem Solo-Projekt Dressed Like Boys wie geschaffen fürs Blue Bird und dessen spezifische Atmosphäre scheint. Als Sänger der Indie-Band DIRK. bekannt (geworden), hat er heuer Ende August ein unter dem Projektnamen laufendes Debütalbum herausgebracht, das von einer bezaubernden Leichtigkeit & berückenden Schönheit durchzogen ist. Nun ist sein vordringliches Thema, die Identität und das Leben als queerer Künstler, wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal, aber wie Denturck es in Musik (und aussagekräftige Lyrics) verwandelt, hat große Klasse und Stil.

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In diesem Fall sind Vergleiche mit den Allergrößten keineswegs übertrieben, zu denen natürlich David Bowie & Elton John zählen, aber mehr noch klingen einzelne Songs nach John Lennon – und einige ganz besonders nach Sufjan Stevens. Und wer sich mit diesem magischen US-Musiker messen (lassen) kann, der hat wahrlich was zu bieten.

Dressed Like Boys (Mayway Records)

Es ist daher zu erwarten, dass derlei Höhenflüge nicht dem Album „Dressed Like Boys“ (das vom Label, Mayway Records, nach Fertigstellung gleich noch ein zweites Mal aufgenommen wurde, mit mehr Fokus auf Nähe & Intimität im stimmlichen Ausdruck) alleine vorbehalten bleiben, sondern auch im intimen Rahmen des Porgy & Bess für magische Momente sorgen werden. Wir versprechen da wohl nicht zu viel.

Vom Podcast zum Bandprojekt

Nicht minder erwartungsfroh darf man einem anderen Projekt entgegensehen/hören, das freilich deutlich prominenter auftritt: The Songs of Joni Mitchell nennt es sich – und hat somit bereits im Namen eine Ikone anzubieten (sodass man erst gar nicht nach Vergleichsgrößen suchen muss).
Die US-Singer/Songwriterin Jesca Hoop wuchs mit der Musik von Joni Mitchell auf und hörte nie auf, sich mit Kunst und Leben der legendären Singer/Songwriterin zu beschäftigen. Aus dieser lebenslangen Auseinandersetzung mit der unverwechselbaren Musikerin entstand auch ihr BBC-Podcast „Legend, The Joni Mitchell Story“, der die Kanadierin nicht als naives Folk-Elfchen präsentiert, sondern als selbstbewusste Künstlerin und grandiose Songwriterin, die als eine der Ersten eine dezidiert weibliche Perspektive einnahm.

Jesca Hoop, Kate Staples und Lail Arad bei ihrem Joni-Mitchell-Abend im Londoner Roundhouse, April 2024 (c) Victor Frankowski

Aus dem erfolgreichen Podcast entstand kurz darauf ein Bandprojekt, das im April 2024 erstmals im Londoner Roundhouse (Bühnen-)Gestalt annahm, und jetzt – im Rahmen einer kleinen Europa-Tour – auch beim Blue Bird live zu erleben sein wird. Zusammen mit Kate Staples (This Is The Kit), Lail Arad und weiteren musikalischen Mitstreitern wird Jesca Hoop durch die musikalische Welt von Joni Mitchell streifen und sich vollständig in den Dienst der Atmosphäre einzelner Songs stellen.

Plakat zur laufenden Tournee

Man darf sich stilsichere und doch eigenständige Aneignungen von Joni Mitchells Songs erwarten, die in keine Klischeefalle tappen, und sich mit Können und Nonchalance der Stilvielfalt (Folk, Rock, Jazz) annähern, ohne sich in ihr zu verfangen. Dabei von Coverversionen zu sprechen, würde der Kunst von Jesca Hoop & ihren Mitstreiterinnen wohl nicht gerecht werden – gelingt es ihnen doch auf dezente Weise, die Musik von Joni Mitchell mit dem jeweils eigenen Selbst zu konfrontieren und weiterzuentwickeln.

Jesca Hoop und ihre Gäste sind, ebenso wie Dressed Like Boys, am 20. 11. Teil des ersten Festivalabends. Das weitere Line-Up an diesem Abend und an den beiden folgenden sieht so aus:

20.11.
The Songs of Joni Mitchell (USA/GBR)
Zelda Weber (AUT)
Dressed Like Boys (BEL)
rebecca lynn sprague (USA)

21.11.
Júniús Meyvant (ISL)
Nadia Reid (NZL)
The Zew (AUT)
Adrian Crowley (IRL)

22.11.
Chris Eckman (USA/SVN)
Alicia Edelweiss (AUT)
Emily Barker (AUS)
Lasse Matthiessen (DNK)

Infos zu allen Acts & Künstlern und zum Festival findet man unter:
BLUE BIRD FESTIVAL 2025

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