Verzweiflung kommt nicht zu kurz
Trotz größerer Zugänglichkeit und manch tanzbarer Rhythmen bleibt die US-Formation Wreck and Reference auch auf ihrem neuen Album, „Stay Calm“, von Pop weit entfernt.

Wreck and Reference: Stay Calm (The Flenser)
„Stay Calm” ist vielleicht das Letzte, woran man sich beim Hören von Wreck and Reference halten würde. Ignat Frege und Felix Skinner loten seit jeher – wie etwa auch die Label-Kollegen Mamaleek – Musik an der Schmerzgrenze aus. Landete ihr Zweitwerk „Want“ 2014 auf Platz 22 von 25 der besten Metal-Alben – bewertet vom Online-Musik-Magazin „Pitchfork“ –, so ist es doch ein großes Missverständnis, ihre Soundcollagen und (a)tonalen Abenteuer dem Metal zuzuordnen.
Vielleicht fehlt aber einfach nur eine eindeutige Kategorie für Musik, deren Melancholie sich durch Noise und Screamo bahnt. Gab sich „Absolute Still Life“, der Vorgänger des aktuellen, fünften Albums, elektronisch verspielt, erinnerte bei aller Finesse indes doch eher an eine Geisterbahn, so überrascht „Stay Calm“ nun mit nahezu tanzbaren Rhythmen, wie die Stücke „Healthy Instinct“ oder „The Cop“ belegen.
Sechs Jahre haben sich die 2008 im beschaulichen Davis in Kalifornien gegründeten, mittlerweile in Los Angeles residierenden Wreck and Reference für ihr neues Album Zeit gelassen. Bei aller Zugänglichkeit kommt die Verzweiflung nicht zu kurz, wird aber in Syntheziserklänge getaucht („A Cure“) oder von harmonischen Sounds umwoben („The Flood“). Im Video zur aktuellen Auskopplung „Burning“ werden Papierfiguren von Frege und Skinner – nicht ohne Humor – zerschnitten, verbrannt, erschlagen, begraben und von einer Katze zerfetzt, um dann im Rückwärtslauf wieder aufzuerstehen. Gibt es also Hoffnung?
Der Optimismus erschien Schopenhauer als eine ruchlose Denkungsart, „als ein Hohn über die namenlosen Leiden der Menschheit“. Als hätten sich Frege und Skinner diese Ansicht zu Herzen genommen, zeugen sie auch in ihren jüngsten Kompositionen von diesem Leiden. Aber „Stay Calm“ ist trotzdem ihr bisher geselligstes Werk geworden. Von Pop hingegen bleibt es nach wie vor weit entfernt.

Wreck and Reference: Stay Calm (The Flenser)