Die Kunst des Zusammenrückens

Zum Trio geschrumpft, überzeugt auch das sechste Album der US-Band Big Thief mit emotionalem Folkrock-Songwriting und optimistischer Grundhaltung.

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24. September 2025

Big Thief: Double Infinity (4AD / Beggars)

Man kann die US-Band Big Thief eigentlich nur bedingungslos lieben, wenn man sich einmal auf ihre spielerischen, oft auch windschiefen, aber immer bezwingenden Versuche, die Ausdrucksmöglichkeiten von Independent Music zwischen Folkrock, Americana, Country und Psychedelia zu erforschen, eingelassen hat.

Das eben erschienene „Double Infinity“ ist ihr mittlerweile sechstes Album und wurde in der sagenumwobenen Power Station – Bruce Springsteens „Born In The USA“ und Grace Jones’ „Slave To The Rhythm“ entstanden u.a. dort – zusammen mit einem Dutzend Gastmusikern in mehreren Live-Sessions eingespielt. Der Umstand, dass sie durch den Abgang ihres Bassisten Max Oleartchik zum Trio geschrumpft waren, ließ sie noch näher zusammenrücken – und vielleicht ist gerade die intime Nähe im Kern das Erfolgsrezept der Band.

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Adrianne Lenker ist nach wie vor kreativer Kopf, Songschreiberin und unverwechselbare Stimme von Big Thief. Buck Meek und James Krivchenia sorgen mit ihren Instrumenten für Tempo, Nachdruck und Balance. Lenker betont in allen Interviews zum neuen Album, wie wichtig ihr gegenseitige Unterstützung und organische Entwicklung sind. Die ansonsten eher zurückhaltende Sängerin gerät über die Zusammenarbeit ins Schwärmen: „Das ist Kunst in ihrer besten Form. Es ist kein Wettbewerb, keine Hierarchie, sondern Kunst als gegenseitige Unterstützung, die uns allen hilft, zu wachsen und voneinander zu lernen.“

Musikalisch ist die unverwechselbare Folk/Americana-Handschrift von Adrianne Lenker zwar noch zu erkennen, der akzentuierte Einsatz von Perkussion sorgt aber nun für mehr Druck und Tempo und wird von psychedelischen Loops und atmosphärischen Klängen ergänzt. In den Texten beschäftigt sich die Songwriterin mit Kindheitserinnerungen und Naturbeobachtungen, Beziehungen und Individualisierungswünschen, der Suche nach Geborgenheit – und immer wieder mit dem Älterwerden und Abschiednehmen: „And they say time’s the fourth dimension / They say everything lives and dies / But our love will live forever/ Though today we said goodbye.“

Stets schutzlos und verwundbar klingend, bilden die neun Songs auf dem Album eine musikalische Liebeserklärung an das Leben – trotz all der Mühen und Unwägbarkeiten, die es für jeden bereithält. Anspieltipps: „Words”, „All Night All Day”, „Happy With You“, „How Could I Have Known“ und das titelgebende „Double Infinity”.

Big Thief: Double Infinity (4AD / Beggars)