Schwarzes Loch der Musik

„Birthing“, das 17. Album der US-Band Swans, ist großes Ohrenkino samt kathartischem Charakter – und überrascht mit einem versöhnlichen Ausklang.

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18. Juni 2025

Swans: Birthing (Mute/Rough Trade)

1979 wurde in New York eine Band namens Circus Mort gegründet, an die sich kaum jemand erinnern dürfte. 1981 erschien ihre einzige EP und sie tourte als Vorband von Bauhaus. Danach löste sie sich wieder auf. Dieser Umstand wäre nur eine unbedeutende Fußnote der Musikgeschichte, wenn nicht zwei ihrer Mitglieder, nämlich Michael Gira und der Schlagzeuger Jonathan Kane, 1982 Swans gegründet hätten.

Swans öffneten einen Abgrund der Finsternis, eine Art schwarzes Loch der Musik, das sich seitdem nicht wieder schließen sollte. In wechselnden Besetzungen und mit brachialer Monotonie, die seit Ende der 1980er Jahre melodiös aufgebrochen und umwoben wurde, bespielten sie diese Negativität auf virtuose Weise.

Mit ihrem nunmehrigen 17. Album, „Birthing“, beenden Swans einen Zyklus, der im Prinzip mit „The Seer” (2012) begonnen hatte und sich über die darauffolgenden Alben wie etwa „The Glowing Man” (2016) und „The Beggar” (2023) erstreckte: Ausladende Kompositionen, getragen von wuchtigen Percussions und ergänzt um Noise-Eruptionen, umspülen die (an)klagenden, messianischen Lyrics.

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„Birthing“ ist großes Ohrenkino samt kathartischem Charakter. So entwickelt sich das Album zum Teil orchestral („The Healers“), errichtet musikalische Skulpturen („I Am a Tower“), kennt aber auch zeitweise zurückhaltende Töne wie beim titelgebenden Song, bei dem auch Giras Frau Jennifer gesanglich mitwirkt, oder gibt sich äußerst zugänglich wie im jazzig-tanzbaren „Red Yellow“. Über allem liegt eine verwunschene, zuweilen, wie in „Guardian Spirit“, geisterhafte Atmosphäre. Die Dämonen werden mittels musikalischer Exorzismen ausgetrieben, wie man es auch schon vom teilweise infernalischen Album „To Be Kind“ (2014) kennt. Schwebende Atmosphären laden zum Träumen ein, was angesichts des bisherigen Œuvres der Schwäne dann doch ungewöhnlich ist. Mit „(Rope) Away“ nimmt das Album einen elegischen, versöhnlichen Ausklang. Die letzten Worte ließen sich denn auch wie ein Abschied von der großen Bühne interpretieren: „Away and gone“.

Die aktuelle Besetzung der Swans in kunstvoller Überblendung … (c) Josef Puleo

Wie bereits 2016 hat Michael Gira im Vorfeld des neuen Albums verkündet, die kommende Tour werde die letzte sein, bei der Swans mit viel Personal auftreten werden. Die aktuelle Besetzung besteht neben Gira aus Kristof Hahn, Phil Puleo, Larry Mullins, Dana Schechter (Insect Ark), Christopher Pravdica und Norman Westberg, was von der Anzahl der Musiker her allein auf ein gewisses Soundvolumen schließen lässt.

Dabei ist es mittlerweile zur Gewohnheit geworden, dass Swans live nicht das machen, was sich durch ihre Alben ankündigt. Swans interpretieren ihre Songs nicht nur auf eine bestimmte, oftmals ausufernde Weise, sie präsentieren gern neues Material, das bei den aktuellen Tourneen entstanden ist. So boten die letzte Tournee und das 2024 erschienene „Live Rope“ bereits einen Vorgeschmack auf das neue Album.

In Österreich findet das einzige Konzert von Swans in diesem Jahr am 29. 10. in der Helmut List Halle in Graz statt.

Swans: Birthing (Mute/Rough Trade)