Zwischen Euphorie und Sinnsuche
Eingängiger Heimbastler-Pop mit 80er-Jahre-Schlagseite: „Mitleid; Selbst“, das Debütalbum des Grazer Wieners Tim Townes.

Tim Townes: Mitleid; Selbst (DIY-Records)
Popmusik besteht vor allem aus Wiederholungen. Vieles klingt daher so, als hätte man es schon einmal gehört. Je älter man ist, desto öfter passiert einem das. Wobei es naturgemäß nicht nur vom Alter abhängt, sondern auch von den Hörgewohnheiten, welche Assoziationen sich beim Zuhören auftun.
Beim ersten Hören von „Mitleid; Selbst“, dem Debütalbums von Tim Townes – auch der Künstlername ruft gleich Assoziationen hervor und erinnert wohl nicht zufällig an den texanischen Country-Folk-Helden Townes Van Zandt –, fallen einem sogleich Falco, der Sound der Neuen Deutschen Welle, der Synthie-Pop der 80er Jahre, aber auch britische Independent Musik a la The Smiths, Orange Juice oder Andy White ein. Trotzdem sind die zehn Songs stark in der Gegenwart verankert, weil Tim Townes authentisch, direkt und verständlich ausdrückt, was ihn umtreibt und ihm durch den Kopf geht.
Bei dem Debütanten handelt es sich um den 1997 geborenen Tim Townes Schweiger; eigentlich Grazer, aber in Wien aufgewachsen – und dort bis heute lebend. Dem Sohn von Günther Bus Schweiger – von Insidern als kluger und kompetenter Musikkritiker für die Magazine „FAQ“ und „skug“ geschätzt – war das Interesse für Musik und Musikmachen praktisch in die Wiege gelegt. Nachdem er sich einige Jahre als Schlagzeuger versucht hatte, entwickelte sich ein zunehmendes Interesse fürs Schreiben von Songs.

Liefert auf seinem Debütalbum sowie live subjektiv gefärbte Momentaufnahmen: Tim Townes. (c) privat
Diese Songs sind subjektiv gefärbte Momentaufnahmen. Tim Townes bringt das Lebensgefühl von Mitt-Zwanzigern auf den Punkt – einer Generation, die sich suchend und zweifelnd auf ihren Weg macht. Der steirisch-wienerische Sänger weiß, dass Melancholie und Offenheit dann am besten funktionieren, wenn man sie mit Humor und kleinen Seltsamkeiten würzt. Sei’s musikalisch, mit dem überraschenden Einsatz von Streicherarrangements („Rücksitz“); inhaltlich, mit einem charmant-listigen Protestsong über Tech-Milliardäre („Gott der Innovation“), oder textlich, mit NDW-affinen Lyrics, die an Emotionen rühren, die man zumindest zu kennen glaubt („Ich bin so dumm (ohne dich)“, „Frühling in Wien“).
Die Kollektion von zehn Songs ist klug instrumentiert und mit einem liebenswerten Heimbastler-Sound versehen, der Euphorie, Sinnsuche und Herzschmerz zum Klingen bringt. Das Debütalbum, komplett independent produziert, ist als Stream, Download und auf Cassette (über den Künstler) erhältlich. (tim.townes.schweiger@gmail.com)

Tim Townes: Mitleid; Selbst (DIY-Records)
Tim Townes bringt das Lebensgefühl von Mitt-Zwanzigern auf den Punkt – einer Generation, die sich suchend und zweifelnd auf ihren Weg macht.