Hand- & Herz erwärmend

Der englische Sänger & Gitarrist John Smith kommt mit neuem Album zu einem Blue Bird Special nach Wien.

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14. Dezember 2024

Wohltemperierter Kunstgenuss: John Smith © Phil Fisk

„Don’t google me!“ Das war ein mehr als nachvollziehbarer selbstironischer Hinweis, den John Smith bei seinem ersten Auftritt in Wien, beim Blue Bird Festival 2010, dem Publikum gab. Der quasi Hansi-Müller-Name – das sollte als Vergleich hierzulande halbwegs hinkommen – würde einem bei der Internet-Suche wohl ein Rekord-Ergebnis bescheren und in etwa jene Zahl kredenzen, die der britische Sänger & Gitarrist mittlerweile bei Spotify-Streams verzeichnen kann: Mehr als 100 Millionen haben dort seine Songs angeklickt (und vermutlich auch gehört).

Mit seiner einschmeichelnden, leicht rauchigen Stimme und noch mehr mit seiner stupenden Gitarren-Technik – synkopiertem Finger-Picking und sanft dahinschmirgelndem Sliding – hat sich der in Essex geborene Musiker in den mittlerweile 18 Jahren, die er fast pausenlos unterwegs ist (auch so ein Never-Ending-Tour-Typ a la Dylan), eine weltweite Fan-Gemeinde erspielt.

Und auch in Musikerkreisen ist der umtriebige Singer/Songwriter ein vielfach geschätzter und gefragter Kollege. Nachdem Pentangle-Sänger (und -Gitarrist) John Renbourn in ihm – in einer Art paraphrasierter Springsteen-Verkündigung – „die Zukunft der Folkmusic“ sah (und ihn damit auch zum eigenen Nachfolger adelte), musizierte Smith u.a. mit Genregrößen wie Jackson Browne, Roseanne Cash, Gomez, Richard Hawley, Jarvis Cocker, David Gray und Glen Hansard.

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Joe Henry, mit dem er auch mehrfach kooperierte und zusammenspielte, ist der Produzent von Smith’s heuer im Frühjahr erschienenem, insgesamt sechsten Album, „The Living Kind“, einer feingliedrigen akustischen Annäherung ans Americana-Fach. In Henrys Homebase in Harpswell, Maine, in vier Tagen live eingespielt, u.a. gemeinsam mit Henrys Sohn Levon, mussten die sparsam instrumentierten Songs jene innere Wärme erst entwickeln, die Außentemperaturen von bis zu minus 25 Grad thermisch konterkarierten. Im Titelsong ist das – auch dank forciertem, handwärmendem Geschrumme & belebendem Gesang – exemplarisch gelungen.

John Smith: The Living Kind (Commoner Records / Thirty Tigers)

Aber auch sonst führt die Platte, die sich am Geist von legendären Vorgängern wie „Spirit Of Eden“ (Talk Talk) oder „Hejira“ (Joni Mitchell) orientiert, zu wohltemperiertem Kunstgenuss. John Smith verhandelt in dem Song-Reigen u.a. die drei schicksalsschweren Monate, die ihm und seiner Familie 2020 beschert waren, und meint via Selbstauskunft: „… in the space of three years, I had essentially become a different person.”
Wir werden ihn bei seinem nunmehrigen Wien-Auftritt im Rahmen eines Blue Bird Special am 21. Dezember im Haus der Musik hoffentlich trotzdem wiedererkennen.

HdM, Seilerstätte 30, 1010 Wien, Beginn 20 Uhr. Weitere Infos hier & hier

Wohltemperierter Kunstgenuss: John Smith © Phil Fisk